01.07.2020
In Südhessen hat die Wintergerstenernte begonnen
In Südhessen hat die Wintergerstenernte begonnen
Erste Druschergebnisse enttäuschend bis gut
„Das Wintergetreide ist zwar gut über den milden und
verhältnismäßig niederschlagsreichen Winter gekommen. Die Startbedingungen im
Frühjahr waren wegen der langanhaltenden Trockenheit von Mitte März bis Ende
April auch für das Sommergetreide allerdings denkbar ungünstig. Die Niederschläge
der letzten Wochen haben einiges wettgemacht. Deshalb rechnen wir in Hessen in
diesem Jahr beim Getreide mit einer eher unterdurchschnittlichen Gesamterntemenge,
voraussichtlich knapp über der Zwei-Millionen-Tonnen-Marke.“ Das sagte der Präsident
des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, zu Beginn der Getreideernte in
Hessen im Rahmen eines Pressegespräches auf dem landwirtschaftlichen Betrieb
von Dr. Matthias Mehl am Mittwoch (1. Juli) in Frankfurt am
Main/Nieder-Erlenbach.
Schon Mitte der vergangenen Woche sei im Hessischen
Ried die erste Wintergerste gedroschen worden mit enttäuschenden Erträgen
zwischen 40 und 50 Dezitonnen je Hektar. Die langanhaltende
Frühjahrstrockenheit in Verbindung mit Spätfrösten Anfang Mai seien wesentliche
Ursachen dieses ernüchternden Ergebnisses. Dr. Matthias Mehl, der im
Frankfurter Stadtteil Nieder-Erlenbach einen Ackerbaubetrieb mit
Saatguterzeugung bewirtschaftet, berichtete dagegen, dass seine erste
Wintergerste einen Ertrag von über 90 Dezitonnen je Hektar erbrachte.
„Diese Ertragsdifferenz verdeutlicht einmal mehr,
dass die Erträge in Abhängigkeit von der Niederschlagsmenge und -verteilung
sowie dem Standort (tief- oder flachgrundige Böden) sehr unterschiedlich
ausfallen können. Das werden wir auch in diesem Jahr erleben“, hob Schmal
hervor. Sommergerste, die in erster Linie als Braugerste zur Malz- bzw. Bierherstellung
verwendet wird, habe besonders unter der Trockenheit nach der Aussaat im März
gelitten. Die Bestände seien sehr ungleichmäßig aufgelaufen und die Anzahl
ährentragender Halme wegen schwacher Bestockung vielfach zu gering.
Winterweizen, der etwa die Hälfte der hessischen
Getreideanbaufläche von rund 300.000 Hektar einnimmt, sei die wichtigste
Getreideart in unserem Bundesland. Bis zur Druschreife vergehe noch einige
Zeit. Der Weizen habe die Niederschläge der letzten Wochen noch gut verwerten
können. Deshalb sei mit durchschnittlichen Erträgen zu rechnen.
Schwacher
Grünlandaufwuchs im Mai
„Wegen fehlender Frühjahrsniederschläge war der
erste Silageschnitt in weiten Teilen Hessens sehr unbefriedigend. Landwirte
berichteten von Ertragseinbußen bis zu 50 Prozent“, betonte Schmal.
Dankenswerterweise sei Hessens Landwirtschaftsministerin Priska Hinz der Bitte
des Verbandes gefolgt, sogenannte Ökologische Vorrangflächen zur Futternutzung beziehungsweise
zur Beweidung freizugeben.
Die Silomaisbestände hätten sich mittlerweile gut
entwickelt, nachdem die Jugendentwicklung sehr schleppend verlief. Bei
ausreichender Wasserversorgung könne bis zur Ernte des Silomaises im September
mit guten Erträgen gerechnet werden. Vor dem Hintergrund der Futterknappheit
seien die viehhaltenden Betriebe dringend auf gute Silomaiserträge angewiesen.
Große
Entwicklungsunterschiede bei Zuckerrüben
„Nach der Aussaat der Zuckerrüben lag der Rübensamen
lange im staubtrockenen Boden, ohne zu keimen. Oft sind die Zuckerrüben erst
mit den Niederschlägen im April aufgegangen“, so Schmal. Deshalb seien die
Rübenbestände in diesem Jahr sehr heterogen und lückenhaft mit starken
Wachstumsunterschieden. Deshalb sei davon auszugehen, dass es bei den
Zuckerrübenerträgen eine große Schwankungsbreite geben werde.
Witterungsextreme
haben deutlich zugenommen
„Im Zuge des Klimawandels haben Witterungsextreme
deutlich zugenommen. Spätfröste, Starkregen und vor allem längere
Trockenperioden haben große Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum und damit die
Ertragsbildung“, hob Schmal hervor. Im Laufe der Jahre hätten die Landwirte
zwar verschiedene Anpassungsstrategien entwickelt, beispielsweise den Anbau von
trocken- und hitzetoleranten Pflanzen, konservierende Bodenbearbeitung und
Humusanreicherung sowie den Einsatz effizienter Be- und Entwässerungstechnik.
Die genannten Maßnahmen könnten die Auswirkungen von
Extremwetterereignissen allerdings nur abfedern. “Wenn es in der
Hauptwachstumsphase von Pflanzen oft wochenlang nicht regnet, dann helfen auch
hitze- und trockenheitstolerante Pflanzen nicht weiter“, betonte Schmal. Deshalb
sollte, wie in anderen Ländern auf der Welt seit vielen Jahren üblich, auch
Deutschland seinen Landwirten einen Zuschuss zu einer sogenannten
Mehrgefahrenversicherung gewähren. So könnten Ertragsausfälle ausgeglichen
werden. Darüber hinaus sollte die seit langem vom landwirtschaftlichen
Berufsstand geforderte Risikoausgleichsrücklage endlich vom Gesetzgeber auf den
Weg gebracht werden.
Lebensmittel
aus der Region erfreuen sich zunehmender Beliebtheit
Nach dem aktuellen Ernährungsreport 2020 des
Bundeslandwirtschaftsministeriums werden Lebensmittel aus der Region verstärkt
nachgefragt. Schmal bewertet dies als ein eindeutiges Bekenntnis der
Verbraucher zur heimischen Landwirtschaft. Darüber freuten sich die Landwirte
ebenso wie über die zunehmende Wertschätzung, die die Bauernfamilien während
der Coronakrise erfahren. Jetzt komme es darauf an, die Landwirtschaft zu
stärken, damit die Versorgung mit Lebensmitteln aus der Region zumindest zum
Teil sichergestellt werden könne und vor allem unter niedrigeren Standards
erzeugte Importe vermieden werden. Dazu seien verlässliche Rahmenbedingungen
und Planungssicherheit notwendig. Daran hapere es jedoch seit Jahren, besonders
im Bereich der Schweinehaltung. Der dramatische Rückgang der Schweinebestände
in den letzten zehn Jahren in Hessen spreche Bände.
Dramatischer
Rückgang der Schweinebestände
Während in hessischen landwirtschaftlichen Betrieben
im Jahr 2008 immerhin noch 327.000 Mastschweine gehalten wurden, waren es 2019
nur noch 241.000 Mastschweine. Das ist ein Rückgang um 26 Prozent. Im gleichen
Zeitraum ist die Zahl der Zuchtsauen in Hessen von 59.000 auf rund 32.000 und
somit um 45 Prozent gesunken.
„Das die Politik dieser Entwicklung seit Jahren
tatenlos zuschaut, ist für uns Landwirte mehr als enttäuschend. Wir sind
bereit, in neue Ställe mit mehr Tierwohl zu investieren. Wir brauchen dazu
allerdings klare, verlässliche Vorgaben und angemessene Übergangsfristen für
bestehende Anlagen“, forderte Präsident Schmal.
Die Bauern fühlten sich nicht nur dem Tierwohl
verpflichtet, sondern hätten auch den Gewässerschutz, die Artenvielfalt und den
Klimaschutz im Blick. Alle damit verbundenen Politikentscheidungen auf Landes-,
Bundes- und europäischer Ebene sollten in enger Abstimmung mit der
Landwirtschaft erfolgen. Das gelte natürlich auch für die kommunale Ebene. In
diesem Fall für die Stadt Frankfurt am Main. Ein großes Problem der Frankfurter
Landwirte resultiere aus dem zunehmenden Bedarf an Wohnflächen der boomenden
Stadt, die nach vorliegenden Plänen voraussichtlich weitere erhebliche Verluste
an wertvollem Ackerland zur Folge haben werde.
Der
Frankfurter Wirtschaftsdezernent, Markus Frank, äußerte sich zur Bedeutung der
Landwirtschaft in der Bankenmetropole wie folgt:
Dr. Matthias Mehl, Landwirt, Markus Frank, Wirtschaftsdezernent Frankfurt, und Karsten Schmal, HBV-Präsident
„Die Landwirtschaft
ist für unsere Lebensqualität am Standort unverzichtbar, denn die Freiflächen und
Erholungslandschaften im Stadtgebiet dienen als Kaltluftentstehungsgebiete und
verbessern damit das Stadtklima. Rund 70 landwirtschaftliche Betriebe finden in
Frankfurt ideale Anbaubedingungen vor. Die Feldfrüchte, Gemüse, Obst, Weizen und Zuckerrübe gelangen auf kurzem
Wege zum Endverbraucher. Dazu trägt auch unsere Frankfurter Mühle bei, für
deren Erhalt wir gemeinsam gekämpft haben“.
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Die richtige Wahl der Zwischenfrucht ist Grundstein eines erfolgreichen Anbaues, weil ein konkurrenzkräftiger Bestand nur gelingt, wenn sich die angebauten Arten für den Standort eignen.
Die richtige Wahl der Zwischenfrucht ist Grundstein eines erfolgreichen Anbaues, weil ein konkurrenzkräftiger Bestand nur gelingt, wenn sich die angebauten Arten für den Standort eignen.
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