Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung (BUT) trägt „Umbau“ nur im Namen – Über Mitnahmeeffekte und Passungenauigkeiten für Vollerwerbsbetriebe

04.03.2024
Aufgrund längst überfälliger Anpassungen im Baurecht bleiben die Initiativen der Regierung zum Umbau der Tierhaltung ohnehin schon hinter den Erwartungen zurück. Auch das BUT wird wegen Sparkalkulation und an der Praxis vorbei geplanten Tierzahlen wohl keine Erfolgsgeschichte.
Ferkel in Stall
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Ende Mai des letzten Jahres wurden die ersten Richtlinienentwürfe für das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung für das Notifizierungsverfahren der Europäischen Union eingereicht. Erfahrungsgemäß dauert ein solches Verfahren zwischen sechs und acht Monaten. Am 29. Februar 2024 wurden im Bundesanzeiger die beiden Richtlinien „Förderung des Umbaus der Tierhaltung 2024 bis 2030 – Investive Vorhaben und laufende Mehrkosten“ im Bundesprogramm Umbau der Tierhaltung veröffentlicht, Sehen Sie weiterführende Links unten.

Investiver Teil des Förderprogramms, Start am 1. März 2024:

Für landwirtschaftliche Betriebe besteht ab dem 1. März nun die Möglichkeit, für den tiergerechten Umbau ihrer Ställe eine finanzielle Förderung zu beantragen. Demnach können Betrieben Zuwendungen für Investitionsvorhaben gewährt werden, die der Umsetzung von Betrieskonzepten oder dem Bau, Umbau oder Ersatzbau von Ställen oder einzelner Haltungsbereiche dienen.

Wer bis zu 500.000 Euro investiert, kann eine Förderung von bis zu 60 Prozent der Gesamtbausumme erhalten. Für darüberhinausgehende Investitionen bis zwei Millionen Euro können bis zu 50 Prozent der Kosten gefördert werden, die weiteren Kosten bis fünf Millionen Euro mit bis zu 30 Prozent

Die Bewilligung einer Förderung nach dieser Richtlinie kann ab dem 1. März 2024 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 (Förderzeitraum) erfolgen.

Die Zuwendungen erfolgen auf Antrag des Betriebs bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

Konsumtiver Teil der Förderprogramms (Förderung der laufenden Mehrkosten), Start am 1. April 2024:

Demnach können Betrieben, die die laufenden Premiumanforderungen in mindestens einer Haltungseinrichtung erfüllen, jährlich Zuwendungen zum Ausgleich der Mehraufwendungen gewährt werden, die durch deren Einhaltung entstehen. Eine Förderung nach dieser Richtlinie kann ab dem 1. April 2024 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 erfolgen. Maßgeblich ist die Bewilligung einer Förderung. Der Förderzeitraum gliedert sich in die Förderjahre, die den Kalenderjahren entsprechen.

Die Höhe des Zuschusses ist je nach Anzahl der gehaltenen Tiere gestaffelt: Für bis zu 50 Sauen, 1.500 Aufzuchtferkel und 1.500 Mastschweine können 80 Prozent der laufenden Mehrkosten gefördert werden. Für darüberhinausgehende Tierzahlen bis 200 Sauen, 6.000 Aufzuchtferkel und 6.000 Mastschweine können 70 Prozent der Mehrkosten gefördert werden.

Kurze Bewertung

Die im Eckpunktepapier für eine Bundesförderung zum Umbau der Tierhaltung genannten Obergrenzen hinsichtlich der Fördersummen, der Fördersätze und der Tierzahlen je Betrieb sind gemessen an der Herausforderung eines umfassenden Umbaus unzureichend. Aus unserer Sicht sind entscheidende Punkte wie etwa die Verknüpfung der investiven Förderung mit der Förderung der laufenden Mehrkosten und eine deutliche Erhöhung der Obergrenze bei Sauen nicht berücksichtigt worden. Die Förderung soll also vorerst auf maximal 200 Sauen bzw. 6.000 verkaufte Mastschweine jährlich begrenzt werden.  Eine gesicherte und deutlich höhere Förderung von Tierwohlinvestitionen, die die Breite der tierhaltenden Betriebe einbezieht, ist unumgänglich.

Langer Werdegang

Bereits zum Entwurf des Bundeshaushalts 2022 hatte die Bundesregierung angekündigt, für den Umbau der Tierhaltung in den darauffolgenden vier Jahren Mittel in Höhe von einer Milliarde Euro im Bundeshaushalt einzuplanen. Diese sollten ab 2023 fließen und bis 2026 verteilt werden. Das Geld soll vor allem zur Förderung von Investitionen in Tierwohl-Ställe verwendet werden und ein erster Schritt für ein Paket zum Umbau der Tierhaltung sein. Mit dem eingeplanten Finanzvolumen blieb sie mitunter deutlich hinter den Schätzungen der Borchert-Kommission zu den notwendigen Finanzvolumina für den Umbau der Tierhaltung zurück.

Lang gab es auch zwischen Bund und Ländern große Differenzen hinsichtlich der Umsetzung der Stallbauförderung Schwein. In der PLANAK-Sitzung vom 14. Dezember 2023 konnte der Streit nun vorerst beigelegt werden. Danach wird mit dem für Anfang 2024 geplanten Start des Bundesprogramms Umbau der Tierhaltung (BUT) die investive Förderung von Stallbaumaßnahmen für die Schweinehaltung im AFP befristet bis zum Jahresende 2027 in der GAK ausgesetzt. Die laufende Förderung von besonders tiergerechter Schweinehaltung (Förderbereich 4 F3 Haltung auf Stroh) wird aus der GAK herausgelöst. Die bis zum 31.12.2025 befristete Modernisierungsförderung im Bereich Sauenhaltung sowie die Förderung von Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz in Ställen bleibt weiterhin in der GAK bestehen.

Die Bereinigungssitzung zum Bundeshaushalt 2024 vom 18. Januar hat die Mittel für das Jahr 2024 in Höhe von 150 Millionen Euro gesichert. Über das Jahr 2024 hinaus gilt die Finanzierung als politisch gesichert, wenngleich hier noch keine entsprechenden Beschlüsse vorliegen.

Gesamtzusammenhang sowie notwendige Erweiterungen und Anpassungen

Bekanntlich finden sich im Koalitionsvertrag des Kabinetts Scholz einige Ansätze zu angestrebten Umbauplanungen der Tierhaltung. Beispielsweise wurde vereinbart, die Investitionsförderung zukünftig nach Haltungskriterien zu staffeln und in der Regel nur für Tierhaltungssysteme mit höheren Haltungskennzeichnungsstufen zu gewähren. Die Gesamtstrategie umfasst außerdem die Einführung einer verpflichtenden Haltungskennzeichnung. Zusätzlich hatte die Bundesregierung die Absicht, das Bau- und Genehmigungsrecht dahingehend zu ändern, dass Stallumbauten oder Neubauten praktikabler umgesetzt werden können.

Das im Juli in Kraft getretene Tierhaltungskennzeichnungsgesetz zur Fleischkennzeichnung bewerten wir als einen Schritt in die richtige Richtung. Es adressiert jedoch nicht ausreichend die dringenden Handlungsbedarfe. Die Kennzeichnung beschränkt sich zunächst auf frisches Schweinefleisch aus der Haltungsstufe Mast. Die Branche fordert von Anfang an eine umfassende Herkunftsangabe, einschließlich der Sauenhaltung und Ferkelerzeugung. Weiter ist eine transparente Kennzeichnung, die v. a. auch Wurstwaren und andere Verarbeitungsprodukte einschließt, entscheidend für den Erfolg des Vorhabens. Langfristig sollte die Transparenz auch für Kantinen und Gaststätten gelten und mit der neuen Haltungskennzeichnung nach Tierwohlstufen verknüpft werden. Die Integration in ein EU-Kennzeichnungssystem muss vorangetrieben werden. In der Gesamtschau liefert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft jedoch eher fragmentierte Maßnahmen statt einer ganzheitlichen Verbrauchertransparenz.

Im Zuge der geplanten Weiterentwicklung der Tierhaltungskennzeichnungsgesetzgebung werden in politischen Gesprächen gegenwärtig Möglichkeiten, die Sauenhaltung in das Gesetz zu integrieren sowohl in praktischer als auch rechtlicher Hinsicht erörtert. Die ausreichende Verfügbarkeit von Ferkeln für alle Haltungsstufen oder, dass bereits im ersten Schritt für die Haltungsstufen „Stall+Platz“ und höher auch für Importferkel mindestens die deutschen gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden sollten (samt möglichem Mechanismus, um Betriebe im Ausland fundiert zu überprüfen und gegebenenfalls zu sanktionieren) sind hier ausschlaggebend.

Zur Umsetzung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetz sind die Länder nun aufgefordert, sich zeitnah auf eine bundeseinheitliche, praktikable und bürokratiearme Umsetzung zu verständigen.

Zeitgleich zur Verabschiedung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes durch den Bundesrat wurde ein zuvor vom Ausschuss modifizierter Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen angenommen. Dieser Gesetzentwurf zielt darauf ab, die bauliche Anpassung bestimmter Tierhaltungsanlagen zu erleichtern, die nicht dem Landwirtschaftsbegriff des § 201 BauGB unterliegen und oft im planungsrechtlichen Außenbereich liegen. Das Gesetz befasst sich insbesondere mit den neuen Haltungsformen drei, vier und fünf, die durch das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz eingeführt wurden. Es ermöglicht Tierhaltern, ihre Bestände beizubehalten, wenn sie in höhere Tierhaltungsstufen wechseln möchten. Es erlaubt auch einen Ersatzneubau an anderer Stelle. Dadurch sollen Betriebe während der Baumaßnahmen ihre bisherige Tierhaltung beibehalten können.

Aus unserer Sicht ist jetzt umso dringlicher notwendig, auch das Immissionsschutzrecht zu überarbeiten, um beispielsweise den Umbau zu Ställen mit Außenklima und Frischluft künftig zu ermöglichen. Eine Anpassung des Bundesimmissionsschutzgesetzes ist zwingend erforderlich, um überhaupt Veränderungen an bestehenden Stallgebäuden in Richtung verbessertes Tierwohl umsetzen zu können. Es gilt, Tierwohl und Immissionsschutz in Einklang zu bringen.