Erwartungen des Hessischen Bauernverbandes an die Politik nach der Landtagswahl in Hessen 2023

30.11.2022
Für eine zukunftsfähige und nachhaltige Landwirtschaft in Hessen
Position
Titelblatt Forderungskatalog Landtagswahl 2023
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Der Hessische Bauernverband formuliert zu ingesamt zehn Themenfeldern schon frühzeitig seine Forderungen zur Landtagswahl 2023

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Der Hessische Bauernverband vertritt mit seinen 18 Kreis- und Regionalbauernverbänden die Interessen von rund 18.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Hessen. Er ist Interessenvertreter für alle Landwirtinnen und Landwirte mit ihren Familien – unabhängig von Produktionsrichtung, Größe und Rechtsform. Gleichzeitig verstehen wir uns damit auch als Interessenvertreter für die ländlichen Räume und unterstützen Organisationen, die sich um die Landwirtschaft, dieser nahestehenden Wirtschaftszweige und um die ländlichen Räume kümmern.

Wir arbeiten mit dem Selbstverständnis, Natur und Landschaft so zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln, dass die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter und die natürlichen Produktionsgrundlagen gesichert sind. Diese sind Basis der wirtschaftlichen und sozialen Sicherung der Menschen und ihrer Arbeitsplätze in der Land- und Forstwirtschaft und im ländlichen Raum. Genauso setzen wir uns für die nachhaltige Sicherung der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft in der Kulturlandschaft als Lebensgrundlage des Menschen ein.

Hessen ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort im Herzen Deutschlands und in der Mitte von Europa. Durch landwirtschaftliche Produktion wird eine vielgestaltige Kulturlandschaft geprägt und erhalten. Der Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse bringt Wertschöpfung für ländliche Räume und sichert dort Wirtschaftskreisläufe und Arbeitsplätze. Die Landwirtschaft ist nicht nur Teil der Wirtschaft, sondern für die Versorgungssicherheit systemrelevant – aktuell in besonderem Maße: Märkte, Preise und Warenströme sind durch den Angriffskrieg auf die Ukraine im Umbruch. Für diese zentrale Aufgabe ist auch die Landwirtschaft in unserem Bundesland von elementarer Bedeutung. Dieser Verpflichtung kommt die Landwirtschaft mit einem besonderen Maß an hohen Standards in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit, Tierschutz und Umweltschutz nach. Markt und Verbraucherwünsche bestimmen dabei die Ausrichtung unserer Produktion.

Nicht nur die Versorgungssicherheit für Lebensmittel, Rohstoffe und Energie ist neue strategische und politische Aufgabe für Deutschland und Europa, die ohne Landwirtschaft nicht gelöst werden kann. Beim Klimaschutz, bei der Energiewende und beim Schutz der Artenvielfalt ist die Landwirtschaft Teil der Lösung. Eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige sowie leistungsfähige Landwirtschaft ist zentraler Schlüssel zur Lösung vieler wichtiger globaler Herausforderungen unserer Zeit. Nur gemeinsam mit der Landwirtschaft können die Nahrungsmittel-, Energie- und Rohstoffversorgung gesichert, der Klimawandel gebremst und dessen Folgen gemildert und die Umwelt samt ihrer Artenvielfalt und die natürlichen Ressourcen erhalten werden. Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft im Biotop-, Wasser-, Klima- und Naturschutz bewahren die Lebensgrundlagen für die Zukunft. Nützen und Schützen sind kein Widerspruch.

Moderne Landwirtschaft funktioniert im Einklang mit Energieerzeugung und Nachhaltigkeit. Die Land- und Forstwirtschaft schafft es neben der Produktion von Nahrungsmitteln auch, verlässliche Energie und nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen. Biomasse ist der vielseitigste Energieträger: Strom - Wärme - Mobilität. Energie aus Biomasse ist grundlastfähig und speicherbar. Die Erzeugung von Nahrungsmitteln und Bioenergie ist aber kein Widerspruch. Vielmehr ist sie der beste Weg, um aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen den höchsten Anteil an Nahrungsmitteln erzeugen zu können und dabei die Kreislaufwirtschaft auf den Betrieben zu erhalten. Systemisches Denken ist gefordert.

Produktionsverfahren und Haltungsbedingungen auf den heimischen Höfen werden von Teilen der Medien, von wichtigen politischen Parteien und einer Vielzahl von NGOs abgelehnt, obwohl sie Gesetz und guter fachlicher Praxis entsprechen. Unser Beruf begegnet einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wertewandel. Der Kostendruck seitens der Lebensmittelkette, durch staatliche Auflagen und durch schrumpfenden Außenschutz der Agrarmärkte wird stetig größer. Regionale Lebensmittelerzeuger brauchen stabile Einkommen, um die Bevölkerung dauerhaft mit regionalen, qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen zu versorgen. Gesamtgesellschaftlich geforderte Zusatzleistungen des landwirtschaftlichen Sektors müssen auch für die Landwirtschaft attraktiv gestaltet sein und zusätzlich honoriert werden. Unsere harte Arbeit verdient Wertschätzung. Wir nehmen den gesellschaftlichen Wertewandel an und wollen ihn mitgestalten.

Soll die Funktion einer wettbewerbsfähigen Erzeugung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen bei gleichzeitiger Bereitstellung von umfangreichen Leistungen im Natur-, Umwelt- und Klimaschutz erfüllt werden, muss auch die Agrarstruktur- und Regionalpolitik ihrer Verantwortung gerecht werden. Nicht zuletzt wegen der zunehmenden Liberalisierung der Agrarmärkte ist darauf zu achten, dass weiterhin eine klare Konzentration auf die Förderung einer wettbewerbsfähigen und multifunktionalen Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft erfolgt. Eine leistungsfähige, flächendeckende und nachhaltige Landwirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen in Hessen und einen konsequenten Schutz der landwirtschaftlichen Fläche als zentrale Erwerbsgrundlage.


Wir sind bereit. Aber man muss uns auch lassen.

Karsten Schmal

Karsten Schmal

Präsident Hessischer Bauernverband

In Sachsenhausen, ganz in der Nähe des Edersees, bewirtschaftet Karsten Schmal einen Futterbaubetrieb mit 200 Milchkühen und 230 Hektar landwirtschaftlicher Fläche. Nach seiner Ausbildung zum Landwirt und Agrartechniker studierte er an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest Landwirtschaft. Bis 2020 war er langjähriger Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Waldeck. Schon vor Antritt des KBV-Vorsitzes war er kommunalpolitisch aktiv. Er ist weiterhin tätig in Molkereigremien sowie in der Jagdgenossenschaft und bei den Waldinteressenten. Karsten Schmal ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. 2014 wurde er zum Vizepräsidenten und am 4. Dezember 2015 zum Präsidenten des Hessischen Bauernverbandes gewählt. Außerdem ist er seit 2018 Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes und Vorsitzender des DBV-Fachausschusses Milch.