Der Kommissions-Vorschlag zum MFR: Weichenstellung für Europas Agrarpolitik
Die Pläne der EU-Kommission zum künftigen Mehrjährigen Finanzrahmen liegen auf dem Tisch.
Was die Kommission unter Frau von der Leyen als „Modernisierung“ verkauft, ist in Wahrheit ein gefährlicher Umbau des EU-Haushaltes und damit auch der Gemeinsamen Agrarpolitik. Der Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028–2034 ist kein bloßer Finanzplan, sondern ein politischer Richtungsentscheid.
Und dieses Signal lautet: Die Landwirtschaft verliert an Priorität.
Kürzen, zentralisieren, entkernen
Die geplante Verdopplung des EU-Haushalts auf zwei Billionen Euro klingt ambitioniert. Doch ausgerechnet die Landwirtschaft soll mit weniger auskommen?
Für die Gemeinsame Agrarpolitik sind zweckgebunden nur noch rund 300 Milliarden Euro vorgesehen, was eine Kürzung von über 20 Prozent darstellt. Bei deutlich steigenden Auflagen und Anforderungen an die Landwirtschaft passt dieser Vorschlag nicht mit der Realität auf dem Acker und der im Stall zusammen.
Eine zentrale Rolle im künftigen Mehrjährigen Finanzrahmen 2028-2034 sollen sogenannte "Nationale und Regionale Partnerschaftspläne" spielen. Diese sind notwendig, um die EU-Haushaltsmittel aus dem Europäischen Fonds für Nachhaltigen Wohlstand und Sicherheit im jeweiligen Mitgliedsstaat zu verausgaben. Dabei müssen die Mitgliedsstaaten Reformen und Ziele festlegen - bekommen über die Partnerschaftspläne jedoch mehr Spielraum und Flexibilität.
Was erst einmal gut klingt, kann jedoch zu deutlichen Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten führen. Schon heute spürt die deutsche Landwirtschaft die zum Teil drastischen Unterschiede in den Produktionsbedingungen. Eine zukunftsfähige, regionale Lebensmittelproduktion kann so nicht gelingen.
Weiterhin muss die künftige Rolle der EU-Kommission kritisch betrachtet werden. Die Verhandlungen der Nationalen und Regionalen Partnerschaftspläne sollen zwischen Kommission und den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten stattfinden. Eine drastische Machtverschiebung ist hier zu erahnen.
Der Vorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen und der GAP ist keine Vereinfachung – das ist die Renationalisierung einer europäischen Kernpolitik.
GAP: Was plant die EU-Kommission?
- Wegfall des eigenständigen Agrar-Haushaltes für Direktzahlungen und der 2. Säule
- Erhebliche Kürzungen des Agrarbudgets
- Umsetzung auf nationaler Ebene über Nationale und Regionale Partnerschaftspläne
- Aus Grüner Architektur wird "Farm Stewardship"
- Direktzahlungen: Degression und Kappung
- Mehr Flexibilität bei der gekoppelter Einkommensstützung
- Starker Fokus auf die Junglandwirte-Förderung, Generationenwechsel
- Umwelt- und Klimastandards sollen über Schutzpraktiken von den Mitgliedsstaaten festgelegt werden
Zukunft des ländlichen Raumes im MFR 2028-2034?!
Die Zukunft der ländlichen Räume im künftigen Mehrjährigen Finanzrahmen ist ungewiss. Was bislang als zweite Säule der GAP fest verankert war – Infrastrukturförderung, Unternehmensentwicklung, Hochwasser- und Küstenschutz – wird künftig in ein 453 Milliarden Euro schweres Sammelprogramm für „wirtschaftlichen, territorialen und sozialen Zusammenhalt“ verschoben.
Ohne eigenes Budget, ohne klare Zweckbindung, ohne verlässliche Planungssicherheit. Lediglich LEADER, Beratung, Wissensaustausch und Innovationen bleiben als Pflichtangebote erhalten. Die Aufteilung der Mittel liegt im Rahmen der Modernisierung und Flexibilität bei den Mitgliedstaaten.
Das ist keine Stärkung des ländlichen Raums – das ist seine Entwertung. Ländliche Räume brauchen Verlässlichkeit, nicht Verlagerung.
Kernforderungen der Landwirtschaft zum Mehrjährigen Finanzrahmen und zur Gemeinsamen Agrarpolitik
- Eigenständiges Agrarbudget im MFR 2028-2034 deutlich erhöhen und absichern!
- Ländliche Räume und Landwirtschaft als Einheit stärken!
- GAP als gemeinsamen EU-Politikbereich fest verankern und stärken!
- Ernährungssicherung und Wettbewerbsfähigkeit in der GAP in den Mittelpunkt rücken!
- Einkommenswirksamkeit aller GAP-Instrumente stärken!
- GAP vereinfachen Bürokratie abbauen Grüne Architektur praxistauglich gestalten!
- Freiwillige, wirtschaftlich tragfähige und kooperative Agrarumweltmaßnahmen sichern!
Zwischen Vorschlag und Entscheidung liegt Verantwortung
Die Vorschläge der EU-Kommission liegen auf dem Tisch – doch entschieden ist noch nichts. Bis mindestens Anfang 2027 wird in Brüssel, Straßburg und den Hauptstädten der Mitgliedstaaten um Inhalte, Budgets und Zuständigkeiten gerungen. Das Europäische Parlament muss zustimmen, ebenso wie die Staats- und Regierungschefs.
Denn: Es geht nicht nur um Zahlen. Es geht um die Frage, welchen Stellenwert wir der Landwirtschaft in Europa beimessen. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer hat es treffend formuliert: „Dazu gehört auch, dass eine Landwirtschaft, die nachhaltig, leistungsfähig und resilient ist, die unsere Ernährung sichert, uns auch etwas wert sein muss. Das muss sich im EU-Haushalt widerspiegeln“
Wer die GAP entkernt, riskiert nicht nur die Zukunft der heimischen Landwirtschaft – sondern auch die Zukunft Europas.