Neuer Themenschwerpunkt in Brüssel: Generationswechsel in der Landwirtschaft
Die EU-Kommission hat den Generationenwechsel auf die Agenda gesetzt. Mit ihrer neuen „Strategie für den Generationenwechsel in der Landwirtschaft“ will sie Europas Landwirtschaft zukunftsfest machen. Ein wichtiges Signal – doch reicht das, wenn am Budget gespart wird?
Demografischer Wandel jetzt erst auf der Agenda?
Der demografische Wandel ist kein neues Phänomen. Seit Jahren wächst in Europa, Deutschland und in Hessen die Zahl der über 65-Jährigen, während die Generation unter 30 schrumpft. Das lähmt Gesellschaft und Wirtschaft und trifft natürlich auch die Landwirtschaft.
Über die Hälfte der Betriebsleiter sind bereits über 55 Jahre alt. Der Nachwuchs fehlt, und das Problem ist längst kein Randthema mehr. Die Branche steht vor einer Bewährungsprobe: Wer morgen noch ernten will, muss heute die Weichen stellen.
EU-Kommission plant Strategie zur Zukunft der Landwirtschaft
Die EU-Kommission will den Anteil junger Landwirtinnen und Landwirte bis 2040 auf 24 Prozent verdoppeln. Bis 2028 sollen die Mitgliedstaaten nationale Konzepte vorlegen und das GAP-Budget stärker auf den Generationswechsel ausrichten.
Geplant sind Starterpakete mit bis zu 300.000 Euro pro Betrieb, zinsvergünstigte Kredite, Mentoring-Programme und eine Bodenbeobachtungsstelle für mehr Transparenz.
Fünf Handlungsfelder stehen im Fokus:
- Zugang zu Land
- Finanzierung
- Wissen und Qualifikation
- Lebensqualität im ländlichen Raum
- und Erbfolge
Alles richtig. Aber entscheidend ist nicht, was auf dem Papier steht – sondern, was tatsächlich auf den Höfen ankommt.
Anreize wirken – aber reichen sie auch?
Mit ihrer Strategie für den Generationswechsel sendet die EU-Kommission ein wichtiges Signal. Schon die Förderperiode 2023–2027 hat gezeigt, dass gezielte finanzielle Anreize Wirkung zeigt: Viele Betriebe haben sich frühzeitig mit Betriebs- und Erbfolge beschäftigt, Strukturen modernisiert, Rechtsformen angepasst. Ein Schritt Richtung Zukunftsfähigkeit. Doch jeder Impuls verpufft, wenn er nicht mit Vereinfachungen, Reformen und mehr Vertrauen einhergeht.
Ohne Budget kein Nachwuchs
Ein zentraler Aspekt wird in der Strategie zum Generationswechsel jedoch nicht ausreichend genannt: Das Budget der künftigen Agrarpolitik soll nach den Plänen der EU-Kommission drastisch gekürzt werden und nun sollen Wunder daraus wachsen. Die Realität: Ohne Geld kein Nachwuchs. Ohne Nachwuchs keine heimische Landwirtschaft. Europa will Zukunft, spart aber an den, die sie bestellen sollen.
Was junge Landwirtinnen und Landwirte brauchen
Was junge Landwirtinnen und Landwirte hält, sind keine Phrasen über Innovation, sondern ein praxisnahes Fundament: weniger Bürokratie, sichere und attraktive Märkte, Digitalisierung bis zur letzten Milchkanne und Planungssicherheit. Sie brauchen Beratung, Aus- und Weiterbildung und betriebswirtschaftliches Know-how. Und vor allem eine Perspektive, die über die nächste Förderperiode hinausreicht.
Junge Menschen haben Lust auf Landwirtschaft
Rund 400 junge Menschen starten jedes Jahr in Hessen eine Ausbildung zur Landwirtin oder zum Landwirt – und das seit Jahren auf stabilem Niveau. Eine erfreuliche Konstanz, die zeigt: Landwirtschaft ist spannend, vielfältig und zukunftsorientiert.
Bemerkenswert dabei: Etwa die Hälfte der Auszubildenden stammt nicht aus landwirtschaftlichen Familien. Der Beruf zieht also längst auch Quereinsteiger an. Ein starkes Signal für die Attraktivität der Branche.
Auch im bundesweiten Vergleich bleibt das Interesse stabil. Während viele Handwerks- und Industrieberufe um Nachwuchs kämpfen, zeigt sich die grüne Branche erstaunlich widerstandsfähig.
Netzwerk für die Zukunft: HBVnext
Der Hessische Bauernverband bietet mit HBVnext eine Plattform für genau diese junge Generation: ein Netzwerk für Austausch, Weiterbildung und Mitgestaltung. Hier treffen sich junge Landwirtinnen und Landwirte aus ganz Hessen, besuchen innovative Betriebe, nehmen an Seminaren und Exkursionen teil. Denn eins ist klar: Die Zukunft der Landwirtschaft kann nur gemeinsam gestaltet werden. Und das über Generationen hinweg.
Der HBV stärkt, vernetzt und fördert den Nachwuchs – damit junge Menschen nicht nur in die Landwirtschaft einsteigen, sondern sie auch weiterdenken.
Politik muss handeln - Jetzt
Die Politik steht in der Pflicht: gebraucht wird eine bundesweite Niederlassungsbeihilfe für junge Gründer mit tragfähigem Konzept, eine gestärkte Junglandwirteprämie, höhere Investitionsförderung für Innovation und Diversifizierung sowie verlässliche steuerliche und soziale Rahmenbedingungen.
Alles andere ist Papier – und Papier ernährt keine Welt.