Perspektiven für die Stärkung der hessischen Landwirtschaft

22.12.2023
Gruß des HBV-Präsidenten Schmal zu Weihnachten
Standpunkt
Karsten Schmal weihnachtlich
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Liebe Bäuerinnen und Bauern,

liebe Landjugendliche,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

ein Jahr geht zu Ende, das mit einer eindrucksvollen Demonstration von Tausenden von Bäuerinnen und Bauern in Berlin gegen die ungerechten Sparvorschläge der Bundesregierung nochmal einen (traurigen) Höhepunkt erreichte. Wir werden weiter mit aller Energie gegen diese unsäglichen Vorhaben zu Lasten der Landwirtschaft angehen.

Auf der politischen Agenda standen 2023 aber auch die hessische Landtagswahl und diverse bundes- sowie europapolitische Vorhaben. Die Gemeinsame Agrarpolitik, Auswirkungen des Klimawandels und europapolitische Vorhaben haben uns intensiv beschäftigt.

Gutes Wahlergebnis für die hessische Landwirtschaft

Die Landtagswahl brachte positive Perspektiven für unsere hessische Landwirtschaft mit sich: Deutliche Aussagen der zukünftigen Regierung zur Stärkung der Landwirtschaft, wie die Etablierung eines Landwirtschaftsgesetzes, die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht, die Überarbeitung des Naturschutzgesetzes und des Grünen Bands, der flächendeckende Ausbau der 5G-Infrastruktur sowie die starke Stellung der Landwirtschaft innerhalb des Ministeriums.

Wir Bäuerinnen und Bauern sehen uns seit jeher als Garanten für eine sichere Lebensmittelerzeugung. Dabei ist die Bereitschaft für mehr Umwelt-, Klima- und Artenschutz sowie Tierwohl für uns selbstverständlich – denn die Landwirtschaft muss als Teil der Lösung der Probleme gesehen werden.

Die diesjährigen Wetterextreme haben erneut verdeutlicht, dass der Klimawandel allgegenwärtig ist – wir werden auch zukünftig vor enormen Herausforderungen stehen, um unsere Ernten zu sichern. Wichtig ist, dass unser Ackerbau auch in Krisenzeiten ertragreich ist und wir unser Wirtschaften an die klimatischen Veränderungen anpassen. Mit neuen Techniken können züchterische Innovationen schneller in der Praxis ankommen und dabei helfen, die aktuellen Entwicklungen durch den Klimawandel besser zu bewältigen.

Politische Entwicklungen in Deutschland und Europa

Nachdem die geplanten Kürzungen der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe zunächst abgemildert werden konnten, sehen wir uns nun mit den haushaltspolitischen Entwicklungen im Bund konfrontiert. Es drohen unter anderem massive Auswirkungen für die Umsetzung zahlreicher Fördervorhaben. Aber die Krise darf nicht zu Lasten der Wirtschaft und insbesondere der Landwirtschaft gehen.

Die Ablehnung der Sustain­able Use Regulation (SUR) durch das EU-Parlament ist eine gute Nachricht für die heimische Landwirtschaft. Pauschalverbote und praxisferne Vorgaben für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hätten die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe gefährdet. Wir hoffen nun auf einen kooperativen Weg bei der Pflanzenschutzmittelreduktion auf EU-Ebene und setzen auf eine ähnliche Zusammenarbeit wie beim hessischen Pestizidreduktionsplan.

Die Einigung zum Nature Restoration Law (NRL) zwischen Kommission, Rat und Europaparlament bereitet mir Sorgen. Der Grundansatz ist rückwärtsgewandt. Freiwilligkeit und Kooperation im Naturschutz sind die Voraussetzung, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz zu gewährleisten.

Die Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik hat uns in diesem Jahr besonders beschäftigt. Sie bedarf dringend einer zielgerichteten Weiterentwicklung. Die GAP bleibt ein Eckpfeiler der europäischen Integration, doch die Reform 2023 und der Green Deal bergen erhebliche Risiken für die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und die Ernährungssicherung in Europa. Daher setzen wir uns für klare Ziele und Ansatzpunkte für eine GAP-Förderung nach 2027 ein und fordern eine gleichrangige Bedeutung der Förderziele zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der ländlichen Entwicklung und Agrarstruktur. Ebenso wichtig für uns Landwirte und Landwirtinnen ist der Abbau der Bürokratie und die Steigerung der Attraktivität von Agrarumweltmaßnahmen.

Tierzahlen sinken weiter

Leider verzeichnen wir in Hessen weiterhin deutlich sinkende Tierzahlen und einen Rückgang der tierhaltenden Betriebe – die Gründe hierfür sind vielfältig und sicherlich auch betriebsindividuell. Zwar haben sich die Märkte für Schweinefleisch erholt, die politische Situation bleibt jedoch weiterhin schwierig. Eine weitere Verlagerung der Erzeugung ins Ausland kann nicht die Lösung sein. Die nur ansatzweise Umsetzung der Pläne der Borchert-Kommission ist nicht ausreichend, um eine zukunftsfeste heimische Nutztierhaltung zu erhalten. Die Bundesregierung ist jetzt am Zug, um unsere Tierhalter beim gesellschaftlich gewünschten Umbau der Betriebe mit passenden politischen Rahmenbedingungen zu unterstützen.

Der Höhenflug der Milchpreise ist Vergangenheit, dennoch konnten die Milchviehbetriebe auch in diesem Jahr weiterhin akzeptable Milchpreise verzeichnen. Die gleichzeitig erheblichen Mehrkosten für Futtermittel und andere Betriebsmittel relativieren dies jedoch zum Teil. Generell waren alle Betriebsformen mit erheblich höheren Kosten für Düngemittel, Energie, Landtechnik und Gebäudeunterhalt konfrontiert.

Positive Entwicklung der Ausbildungszahlen

Ein positiver Trend lässt sich in der Ausbildung beobachten: Auch in diesem Jahr haben sich mehr Frauen und Männer entschieden, den Beruf der Landwirtin und des Landwirts zu erlernen. Das freut mich sehr, denn wir brauchen motivierten und gut ausgebildeten Nachwuchs, um die Herausforderungen unserer Zeit anzugehen. Dafür brauchen wir aber auch weiterhin eine hochwertige Ausbildung in Hessen mit zukunftsfesten Standorten.

Damit wir auch in Zukunft die Versorgungssicherheit gewährleisten können und gleichzeitig alle weiteren Herausforderungen wie Umwelt- und Klimaschutz, Tierwohl und Artenvielfalt gemeinsam meistern, brauchen wir Politik und Gesellschaft als zuverlässige Partner.

Gemeinsam mit dem Team des Hessischen Bauernverbandes setze ich mich auch weiterhin mit aller Kraft für unsere heimische Landwirtschaft ein. Allen Bäuerinnen und Bauern sowie allen Kolleginnen und Kollegen im Ehren- und Hauptamt danke ich ganz herzlich für ihre Unterstützung.

Ihnen und Ihren Familien wünsche ich ein besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest. Zudem wünsche ich Ihnen viel Glück, Erfolg und vor allem Gesundheit für das neue Jahr 2024!

 

Ihr

Karsten Schmal

Präsident des

Hessischen Bauernverbandes

Karsten Schmal

Karsten Schmal

Präsident Hessischer Bauernverband

In Waldeck-Sachsenhausen, ganz in der Nähe des Edersees, bewirtschaftet Karsten Schmal einen Futterbaubetrieb mit 220 Milchkühen und 240 Hektar landwirtschaftlicher Fläche. Nach seiner Ausbildung zum Landwirt und Agrartechniker studierte er an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest Landwirtschaft. Bis 2020 war er langjähriger Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Waldeck. Schon vor Antritt des KBV-Vorsitzes war er kommunalpolitisch aktiv. Er ist weiterhin tätig in Molkereigremien sowie in der Jagdgenossenschaft und bei den Waldinteressenten. Karsten Schmal ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. 2014 wurde er zum Vizepräsidenten und am 4. Dezember 2015 zum Präsidenten des Hessischen Bauernverbandes gewählt. Außerdem ist er seit 2018 Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes und Vorsitzender des DBV-Fachausschusses Milch.