Was das Gericht entschieden hat
Die Richter in Leipzig stellten klar: Die bisherige Rechtsgrundlage reicht nicht aus, um Grundrechte wie Eigentum und Berufsfreiheit einzuschränken. Verwaltungsvorschriften wie die AVV GeA binden Behörden, nicht aber Bürger. Damit fehlt die gesetzliche Basis für die Gebietsausweisung.
Zweifel äußerte das Gericht auch an der Praxis, ganze Schläge als „rot“ einzustufen, wenn nur 20 Prozent der Fläche betroffen sind. Die EU-Rechtsprechung bezieht sich auf Nährstofffrachten, nicht auf Flächenanteile. Auch der Denitrifikationsfaktor, den einige Länder zur Bewertung nutzen, ist nicht gesetzlich verankert.
Auswirkungen auf Hessen
Die Entscheidung gilt unmittelbar für Bayern, hat aber Signalwirkung für ganz Deutschland. Auch die hessische Düngeverordnung basiert auf denselben Grundlagen. Das Landwirtschaftsministerium prüft bereits die Lage. Ohne rechtssichere Ausweisung „roter“ und „gelber“ Gebiete droht Deutschland ein neues Vertragsverletzungsverfahren durch die EU-Kommission.
Landwirtschaft: Teil der Lösung, nicht des Problems
Wer jetzt reflexartig den Finger auf die Bauern richtet, liegt falsch. Hessen zeigt, wie Gewässerschutz funktioniert:
- 98 von 127 Grundwasserkörpern sind im guten Zustand, nur 20 wegen Nitrat belastet.
- Über 5.700 Betriebe nehmen jährlich an der WRRL-Gewässerschutzberatung teil, 780 Leitbetriebe dienen als Vorbilder.
- Die Bilanz: 35 kg Stickstoff pro Hektar weniger bei intensiv beratenen Betrieben seit 2009.
- Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von moderner Technik, präziser Düngung und dem Willen zur Veränderung.
Klartext in den Forderungen des Hessischen Bauernverbandes
Der HBV fordert eine grundlegende Neuausrichtung der Düngeverordnung und der Gebietsausweisung. Die Kernpunkte:
- Rechtssicherheit schaffen: Klare gesetzliche Kriterien für die Ausweisung „roter Gebiete“ statt unverbindlicher Verwaltungsvorschriften.
- Differenzierte Bewertung: Keine pauschalen Auflagen – Betriebe, die nachweislich gewässerschonend wirtschaften, müssen Ausnahmen erhalten.
- Technik fördern: Investitionen in präzise Düngung und moderne Ausbringtechnik müssen politisch unterstützt werden.
- Regionale Kreisläufe stärken: Förderung von Nährstoffkreisläufen vor Ort, um Transport und Belastung zu reduzieren.
- Dialog statt Misstrauen: Mehr Austausch zwischen Politik, Verwaltung und Praxis, um praxisgerechte Lösungen zu entwickeln.
Ziel muss es sein, Umwelt- und Versorgungsziele gemeinsam erreichen – ohne die Landwirtschaft durch unnötige Bürokratie zu blockieren.
Düngung muss bedarfsgerecht sein
Das Urteil ist kein Freibrief für grenzenlose Düngung. Es ist ein Auftrag an Bund und Länder, eine rechtssichere, fachlich fundierte Lösung zu erarbeiten – gemeinsam mit der Landwirtschaft. Denn eines ist klar: Gewässerschutz gelingt nicht durch Misstrauen, sondern durch Kooperation.
Die Bauern sind nicht die Bremser, sondern die Macher. Hessen zeigt, wie Beratung und Verantwortung wirken. Jetzt ist die Politik am Zug.
 
   
   
  